Cat on a Hot Tin Roof
Drama | US 1958 | 108 Minuten | FSK 12 | Regie: Richard Brooks
»Der Felsbrocken hat einen Sprung bekommen.«
Drama | US 1958 | 108 Minuten | FSK 12 | Regie: Richard Brooks
»Der Felsbrocken hat einen Sprung bekommen.«
Was für ein spannendes Meisterwerk aus vollkommen
überbrodelnden emotionalen Kreisläufen und Zusammenbrüchen, ständig auf der
Suche nach Wahrheit in einer Familie, die allein aus Verlogenheit zusammengehalten
wird. Selbst die Kinder, die immer wieder den gefühlt ersten wahrheitsgemäßen
Dialog zwischen Brick und Maggie stören, wirken wie eine einzige Farce. Und
eigentlich verläuft so ziemlich alles in diesem Film im Kreis: Sei es der
Musikapparat, der von dem Einen eingeschaltet, vom Anderen wieder ausgeschaltet
und vom Dritten wieder eingeschaltet wird, oder das ständige Gestreite, bei dem
doch nie wirklich auf den Punkt gekommen wird – zumindest nicht für eine lange
Zeit. Dieser ganze Geburtstag von Big Daddy wird so künstlich inszeniert und in
allem Überfluss von Schmuck und Süßigkeiten gestelzt. Die Kinder wieder, als
agieren sie hier lediglich als Symbol und Beweis für die familiäre Harmonie,
werden wie eine Schar Schmuckstücke zur Unterhaltung dahingestellt – aber
leiden kann sie hier doch irgendwie keiner so wirklich.
Die Traurigkeit der scheinenden Fassade dieser Familie
bekommt seinen ersten Höhepunkt, als Big Mama zum ersten Mal bemerkt, dass ihre
Liebe zum Ehemann eigentlich nie von gemeinsamen Glück beseelt war – wie sie es
in Worte fasst: »Ich habe sogar deinen Hass und deine Härte geliebt. Du hast
mich nie geliebt. « Auch wenn Big Daddy
es an dieser Stelle noch nicht weiß, dem Zuschauer zumindest kommt es bereits eindeutig
so vor, als ob Big Daddy vor seinem Abgang endlich mit allen Lügen seines scheinbar
strahlenden Lebens aufräumt.
Doch der interessanteste Charakter des ganzen Geschehens ist
mit Sicherheit Brick – der mich auf eine bestimmte Weise ein wenig an Justine
aus »Melancholia« erinnert. Ein so zerbrechlicher oder bereits zerbrochener
Mensch, zurückgezogen auf der großen Party, zurückgezogen von den Menschen, die
aufgrund der großen Feierlichkeit ein dickes Grinsen aufzusetzen versuchen. »Ich
hasse diesen Ekel. Ich hasse diese schmutzigen Lügen und diese dreckigen
Lügner. Ich halte diese Lügen nicht mehr aus! « Was Brick fehlt wird im Film,
genauso geheimnisvoll wie die Thematik in der damaligen Realität war,
angespielt: nämlich sein verstorbener Freund Skipper, mit dem er eine
versteckte Liebesbeziehung pflegte. Nach dem Tod seines Freundes ist er zum
Trinker geworden – er hält sein Leben nicht mehr anders als betrunken aus.
Gefangen in seiner Gesellschaft muss er – genau wie nahezu alle anderen der
Familie – in einer Lüge leben. Einer der größten Momente des Films ist daher
auch die Szene im Keller, in der er mit seinem Vater spricht und es verzweifelt
über die Lippen bringt: »Ich weiß nicht, was Liebe ist! Ich brauche etwas
anderes! « – anschließend zertrümmert er all die Erinnerungsstücke aus aller
Welt, die Vasen und Holzfiguren, aus Wut auf sich selbst und auf alle Menschen
um ihn herum. Und sicherlich auch aus einem tiefen Liebeskummer. Dass die
Thematik von Bricks Homosexualität im Film weniger explizit zum Vorschein kommt
als im Stück, darf man 1958 nicht anders erwartet haben. Dennoch vergisst der
Film das Thema nicht und behandelt die Thematik so verdeckt wie möglich – was
Bricks Unsicherheit betont, damit an die Öffentlichkeit zu gehen –, aber so
eindeutig wie nötig, dass der Zuschauer nur auf eine Lösung kommen kann, was
zwischen Brick und Skipper lief. Und nicht zuletzt konfrontiert der Film auch
mit vielen anderen Tabuthemen der damaligen Zeit: Alkoholsucht,
Unfruchtbarkeit, Krebs, Falschheit in der Familie und Ehebruch.
Auch wenn das Ende [Achtung, kleiner Spoiler!] sehr nach Happy End aussieht, bleibt einem das »Happy« ein wenig im Halse stecken. Mir fällt zum Ende das wunderbare Zitat aus »Der große Gatsby« ein: »So regen wir die Ruder, stemmen uns gegen den Strom – und treiben doch stetig zurück, dem Vergangenen zu.«
Auch wenn das Ende [Achtung, kleiner Spoiler!] sehr nach Happy End aussieht, bleibt einem das »Happy« ein wenig im Halse stecken. Mir fällt zum Ende das wunderbare Zitat aus »Der große Gatsby« ein: »So regen wir die Ruder, stemmen uns gegen den Strom – und treiben doch stetig zurück, dem Vergangenen zu.«
Welch ehrlicher Film über die Lüge.
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